Wie der Einsatz Künstlicher Intelligenz die Arbeit in den Betrieben in M-V bereits verändert und welche Voraussetzungen noch zu schaffen sind – darüber sprachen wir am 5. November 2024 mit Referenten und Gäste auf dem Arbeit4.0-Kongress von mv-works #mvw24 im Schloss Hasenwinkel.
Mit hochkarätigen Speakern und Praktikern aus der Region bewegten wir uns einen Tag lang zwischen „Einfach mal machen" und den notwendigen Regeln für den Einsatz von KI im Unternehmen.

Im Fokus standen die praktischen Erfahrungen betrieblicher Pioniere in der Nutzung von KI, Fragen zur Mitarbeiterentwicklung, Datenschutz und die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, die Schutz aber auch Experimentierraum bieten. Mit den Kongressteilnehmer*innen und unseren Erfahrungsträgern und Fachexperten arbeiten wir an diesem Tag daran, KI-Implementierungen im Betrieb zugänglich, spannend und sicher zu gestalten.

Hier geht es zum Programm.

Für den Kongressauftakt interviewte Axel Fick den sozialen Roboter Navel. Dieser basiert auf dem Sprachmodell von Chat GPT 3.5 und ist in der Lage auf Fragen zu antworten und selbst Rückfragen zu stellen. Navel kann seinem Gegenüber direkt in die Augen schauen und greift auf vergangene Gesprächsprotokolle zurückzugreifen.

Mitgebracht haben den Roboter Dana Hieronimus und Frank Reimer von der Diakonie Nord Nord Ost, welche in einem eigenen Workshop das Projekt zum Einsatz von Navel in ihren Werkstätten näher vorgestellt haben.   

Im Impuls von Axel Fick (mv-works) wird deutlich: wir kommen aus der Probierphase – stehen mindestens an der Schwelle zum ernsthaften und wertschöpfenden KI-Einsatz in den Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern.

Eine Saalumfrage zu Beginn unseres KI-Kongresses hat gezeigt, dass die Bedeutung Künstlicher Intelligenz auf die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen auch in M-V nicht unterschätzt wird – 72 Prozent der Gäste sahen die Nutzung generativer KI als existenziell an.

Bundesweit sind es (Stand 2024) nach Bitcom-Zahlen gerade etwa 20 Prozent der Unternehmen, die KI schon in die Produkte oder/und Produktionsprozesse einbauen – dynamisch wachsend. Da vor allem große Unternehmen vorangehen, hat M-V hier (wieder) einen strukturellen Nachteil, den es auch durch unsere Arbeit bei mv-works abzuschwächen gilt. Ein Hauptgrund, der Unternehmensverantwortliche vor dem Einsatz von KI zurückschrecken lässt, ist nach eigenem Bekunden die fehlende KI-Kompetenz. Wir werden, wie viele Partner auch, daran arbeiten, die „AI-Literacy“ hierzulande zu stärken.

KI und Arbeitswelt

Impuls von Jörg Staff

In dem Impulsvortrag "KI-Revolition der Arbeitswelt: Sind wir bereit?" erläutert Jörg Staff, Vorstand der deutschen Gesellschaft für Personalführung, Aufsichtsrat, Autor und Speaker, welche Auswirkungen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt hat und haben wird. Folgend einige Impressionen aus dem Impulsvortrag von Jörg Staff: 

Was verändert KI in der Arbeitswelt?

Künstliche Intelligenz wird zum einen als Innovationstreiber gesehen, die Wettbewerbsvorteile schaffen kann und neue Arbeitsplätze entstehen lässt, so Staff in seinem Vortrag. Gleichzeitig sind durch die Automatisierungspotentiale von KI Arbeitsplätze gefährdet oder zumindest stark von Veränderung betroffen. In jedem Falle hat ein "Qualifikationsumbau in Deutschland" begonnen und immer mehr Unternehmen schulen derzeit ihre Belegschaft im Rahmen von KI-Initiativen.

Staff führt aus, dass Unternehmen sich informieren sollten, welche KI-Technologien für ihre Branche besonders relevant sind, welche Fähigkeiten und Kenntnisse in der Belegschaft noch nötig sind und welche Auswirkungen KI auf die Arbeitsorganisation und Unternehmenskultur hat.

Wie können wir uns auf den KI Einsatz vorbereiten?

Führungskräfte und Mitarbeiter sollten durch lebenslanges Lernen und dem Ausweiten von Weiterbildungen sich Schlüsselqualifikationen aneignen, wie z.B.:

  • Datenkompetenz
  • Technische Kompetenz zu KI-Tools
  • Kollaborationsfähigkeit
    d.h.: Innovationsräume schaffen und interdisziplinär agieren
  • Kritisches Denken
    Särken und Risiken von KI anerkennen und hinterfragen

Hier einige Schritte, die Jörg Staff außerdem empfiehlt:

1. Akteptieren dass KI Bestandteil des Lebens geworden ist.

2. Informieren über Entwicklungen der KI.

3. Delegieren von Arbeit an KI.

Weitere Ausführungen dazu im von Michael Groß und Jörg Staff herausgegebenen Buch:
KI-Revolution der Arbeitswelt: Perspektiven für Management, Organisation und HR.

zum Buch

KI und Datenschutz

Impuls vom Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit M-V

Sebastian Schmidt, Landesdatenschutzbeauftragter von M-V, erläuterte den risikobasierten Ansatz der KI-Verordnung (KI-VO), die am 21.05.2024 vom Europäischen Rat angenommen wurde. KI-Anwendungen müssen nach ihren potentiellen Risiken eingeschätzt werden.

    Hochrisikosysteme (Art. 6 KI-VO) sind KI-Systeme, die ein "hohes Risiko für Gesundheit, Sicherheit oder Grundrechte" bergen. Laut Schmidt sind das beispielsweise: Auswertung von Lebensläufen, Bewertung Kreditvergabe, Preisbildung bei Lebens- und Krankenversicherung. Unter das "Transparenzrisiko" (Art. 50 KI-VO)fallen Anwendungen, die in eine direkte Interaktion mit dem Nutzer (z.B. Chatbots) gehen, Programme die Texte, Bilder oder Videos erzeugen oder Emotionen erkennen.

    Grundsätzlich gilt, dass Ausgaben eines KI-Systems als künstlich erzeugt gekennzeichnet werden , Urherberrechte von Quellen gewahrt bleiben und Trainingsdaten dokumentiert werden müssen. Sebastian Schmidt weist darauf hin, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch beim Trainieren und Anwenden von KI eingehalten werden muss. Daher empfiehlt er deutsche oder europäische Modelle und datenschutzkonform vortrainierte KI-Anwendungen zu nutzen.

    Die Empfehlung von Sebastian Schmidt zur Implementierung von KI-Anwendungen im Betrieb lauten wie folgt:

    • Verantwortlichkeit festlegen und verbindlich regeln
    • Interne Regelungen treffen
    • Datenschutz-Folgenabschätzung
    • Beschäftigte schützen, betriebliche Accounts einrichten
    • Datenschutz durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen

    Außerdem empfiehlt Schmidt bei der Nutzung von KI-Anwendungen:

    • Vorsicht bei Eingabe und Ausgabe personenbezogener Daten
    • Besondere Vorsicht bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten
    • Ergebnisse auf Richtigkeit prüfen
    • Ergebnisse und Verfahren auf Diskriminierung prüfen

    Paneldiskussion

    Zwischen „Einfach mal machen" und den notwendigen Regeln für den Einsatz von KI im Unternehmen

    In dem Panel berichtete Steffen Huber (Dachdeckermeister aus Neustadt-Glewe) über die Nutzung eines KI-Tools für die Angebotserstellung und den Aufbau einer internen Wissensdatenbank. Hier verlässt er den Bereich als Nutzer und kooperiert als Praxis- und Entwicklungspartner mit einem KI-Start-Up. An diesem Beispiel wird der Vorteil der Schnelligkeit bei der Umsetzung von neuen digitalen Tools eines Kleinunternehmens deutlich.

    Als treibende Kraft der Digitalisierung der Verwaltung in M-V, betont Uta Knöchel, dass bei der Diskussion vom erfolgreichen KI-Einsatz das Vorhandensein, die Qualität und die Sicherheit der Daten eine entscheidene Rolle spielt. Hier hilft der pragmatische Blick: erst digitalisieren, dann KI einsetzen.

    WORKSHOPS

    In fünf paralell stattfindenen Workshops am Nachmittag konnten sich die TeilnehmerInnen zu den KI Implementierung, KI-Kompetenzen, KI Rechtsrahmen, KI verstehen und im Betrieb einsetzen und generative KI Modelle für die Praxis im Betrieb informieren.

    Workshop 1 "KI-Implementierung im Betrieb"

    Frank Reimer und Dana Hieronimus von der Diakonie Nord Nord Ost erläuterten in dem Workshop, wie Digitalisierung und damit auch KI-Einsatz im Unternehmen als Strategische Aufgabe verstanden werden sollte. Die Workshopteilnehmer*innen tauschten sich zu Vor- und Nachteilen bei der Implementierung von IT- und KI-Anwendungen aus und erfuhren mehr über zwei konkrete KI-Projekte bei der Diakonie Nord Nord Ost:

    • voize (Sprachbasierte Pflegedokumentation www.voize.de)
    • Navel (Projekt zum Einsatz von der nächsten Generation des "sozialen Roboters" von Navel Robotics)

    Workshop 2 "KI-Kompetenzen & KI-Regeln"

    Wie wichtig Digitalkompetenzen auf allen betrieblichen Ebenen sind, erläuterte im zweiten Workshop Bernd Biemann, Betriebsratsvorsitzender von thyssenkrupp Marine Systems.

    Workshop 3 "KI-Rechtsrahmen - Angstfrei und erfolgreich durch den Paragrafendschungel"

    Die Rechtsanwälte Dr. Kim Künstner und Thorsten Walter von SCHULTE RECHTSANWÄLTE erläuterten die wichtigsten Regulierungen der KI-Verordnung, zeigten Regulierungsbedarfe für Unternehmen anhand von Beispielen auf und beantworteten Rückfragen aus dem Publikum.

    Hier ein Einblick in die Präsentation

    Workshop 4 "KI-Planspiel - KI verstehen und im Betrieb einsetzen"

    In dem vierten Workshop gab Sebastian Terstegen einen kurzen Überblick über bereits vorhandene KI-Anwendungen, wie Co-Pilots oder GPT-Versionen. Danach stellte er den Ansatz des Beratungsangebotes des ifaa zur KI-Implementierung vor Enable-Projekt Terstegen führt die ifaa-Studie "KI in produzierenden Unternehmen" an und betont, dass der wichtigste Vertrauensfaktor für KI die menschliche Aufsicht und Kontrolle ist. Bei der Einführung von KI wirkbt das ifaa für eine prozessorientierte Beteilligung und Gestaltung, die z.B. in einem 2-Tägigen Planspiel angestoßen werden kann. Hier ein Einblick in die Präsentation zum KI-Planspiel

    Workshop 5 "KI in der Praxis Anwendungsfälle für generative KI-Modelle bei Liebherr"

    Die Teilnehmer*innen des gut besuchten fünften Workshops informierten sich bei Philipp Helberg und Mathias Haugner von Liebherr MCCtec aus Rostock darüber, welche KI-Tools derzeit bei Liebherr derzeit im Einsatz sind. Gemeinsam wurden Tools, wie Chat GPT und Prompt Generatoren ausprobiert und deren möglichen Anwendungsfälle diskutiert.